Mit der zunehmenden Bedeutung des Radverkehrs in Deutschland erhöhen sich auch die Unfallzahlen mit Beteiligung von Radfahrern. Dabei ereignet sich jeder fünfte von den innerorts mit Personenschaden und mehreren Beteiligten an Kreuzungen, Einmündungen und Zufahrten erfassten Unfälle beim Abbiegen nach rechts. Zu schweren und schwersten Unfällen kommt es dabei häufig durch die sehr schlechte Sicht nach rechts hinten bei allen Fahrzeugen, aber insbesondere bei Lieferfahrzeugen und LKW: Von hinten kommende, bevorrechtigte Radfahrende, die die Kreuzung geradeaus passieren wollen, werden übersehen und im schlimmsten Fall überrollt.
Abhilfe soll hier der Knotenpunktentwurf der „Geschützten Kreuzung“ (engl. Protected Intersection) schaffen, der insbesondere in den USA und in den Niederlanden zwischenzeitlich eine größere Verbreitung gefunden hat.
Wesentliche Unterscheidungsmerkmale der geschützten Kreuzung zum deutschen Regelwerk sind bauliche Elemente in den Ausrundungsbereichen mit in Folge kleineren Abbiegeradien. Zwischen der Fahrbahn und dem geschützten Radweg werden im Kreuzungsbereich Warteflächen für die querenden Fußgänger angeordnet. Diese führen zu einer abgesetzten Führung der Radfahrer. Die Haltlinie für den Radverkehr wird nicht vor dem Signal für Kraftfahrzeuge, sondern an der Fahrbahnkante der Querung angeordnet.
Angesichts der positiven Erfahrungen mit diesem Kreuzungsentwurf in den Niederlanden wird die geschützte Kreuzung auch in Deutschland diskutiert. Im Zuge dieser Diskussion hat im Sommer 2020 die Unfallforschung der Versicherer (UDV) einen eigenen Feldversuch und Simulationen durchgeführt. Dabei kommt der UDV zu der Bewertung, dass die Erkennung von Radfahrenden durch LKW-Führende gegenüber dem klassischen Kreuzungsdesign nicht verbessert wird. Infolge der für den Entwurf typischen Absetzung würden technische Hilfsmittel wie Spiegel und Abbiegeassistent ausgeschaltet.
Diese Bewertung hat nun wiederum den ADFC zu einer kritischen Stellungnahme veranlasst. Kritikpunkte sind u. a. ein aus Sicht des ADFC unklarer Versuchsaufbau sowie ein „fragwürdiges Design“ bei der Computersimulation der Sichtverhältnisse. Im Fazit seiner Stellungnahme hält der ADFC daran fest, dass sich geschützte Kreuzungen im Ausland praktisch bewährt haben und auch hierzulande erprobt werden sollen.
Diese Stellungnahme bildet sicherlich nicht den Schlusspunkt der Diskussion um die „geschützte Kreuzung“. In dieser Diskussion wird sicherlich auch der Umstand Berücksichtigung finden müssen, dass die Regellösung an Kreuzungen mit Lichtsignalanlagen in den Niederlanden eine signaltechnische Trennung abbiegender Verkehre vom Fuß- und Radverkehr vorsieht. Allein dadurch wird ein hohes Maß an Sicherheit gewährleistet.
Quellen des Textes: Unfallforschung der Versicherer im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.: „Fahrversuche LKW – Protected Intersection“ in Unfallforschung kommunal Nr. 37, Bundesgeschäftsstelle des ADFC: ADFC-Stellungnahme, 19.10.2020 „Kritik an UDV-Untersuchungen zu geschützten Kreuzungen“
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